Chronik  –  Über die Geschichte der Rechtshilfe

1982
Das ehemalige Ausländerzentrum in der Evangelischen Studentengemeinde München organisiert in Zusammenarbeit mit anderen Vereinen eine Demonstration gegen die Ausländer-Erlasse.

Bei diesen Erlassen geht es u.a. um die Erschwerung bei der Beantragung einer Aufenthaltsberechtigung und um die Möglichkeit, jederzeit die Größe des Wohnraumes bei der Verlängerung oder Erteilung des Aufenthaltes zu kontrollieren. Im Anschluss an diese Demonstration findet ein Treffen zur Einrichtung eines Rechtshilfefonds für Ausländer statt.

Am 31.03.1982 wird der Verein gegründet.

Nach einem Bestechungsskandal im Kreisverwaltungsreferat, (damaliger Chef der Behörde war Peter Gauweiler) wird bei vielen der Betroffenen die Aufenthaltserlaubnis nicht mehr verlängert; einige der Jugendlichen werden abgeschoben. Grund: man hatte zum Erlangen einer Arbeitserlaubnis das Geburtsdatum von mehreren hundert türkischen Jugendlichen gefälscht.

Der Rechtshilfefonds gibt eine Erklärung „Skandal im Sperrbezirk“ heraus; die Anwält/innen vom Rechtshilfefonds übernehmen viele der Fälle und starten über ihre Anwaltsvereinigungen eine Pressekampagne gegen diesen Skandal.

1983
Der Verein erarbeitet Informationsblätter zu den Themen „Haben Sie schon eine Aufenthaltsberechtigung?“ und „Die Wohnung ist unverletzlich“. Diese Blätter werden in verschiedene Sprachen übersetzt.

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Die Volkszählung 1983 steht vor der Tür! Viele Migrant/innen befürchten, dass sie durch das Ausfüllen des Fragebogens erhebliche Probleme bekommen können. Was geschieht z.B., wenn sich herausstellt, dass sie nicht über die geforderten 6 qm Wohnraum pro Person verfügen (ein Ausweisungsgrund . . . . . !)?

Der Rechtshilfefonds erstellt eine Dokumentation zur Volkszählung, in der Migrant/innen betreffende wichtige Fragen aufgegriffen werden und zum Boykott der Volkszählung aufgerufen wird. Circa 30.000 dieser Broschüren werden in der ganzen Bundesrepublik verkauft. Daneben ist das Büro des Rechtshilfefonds, damals noch in der Evangelischen Studentengemeinde, für mehrere Wochen Informationszentrum zur Volkszählung.

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Nachdem bundesweit viele tausend Gruppen und Einzelpersonen zum Boykott aufgerufen haben, wird die Volkszählung abgeblasen.

1983-1987
Gründung des AUSWÄRTS-Theaters in der Evang. Studentengemeinde mit mehreren eigenen Theaterproduktionen und Kabarettprogrammen wie z.B. Anna Rosa, Der kalte Mantel, den man um uns hängt und Rübenzähl (Kabarett über die Volkszählung).

Kulturveranstaltungen in Zusammenarbeit mit Gruppen unterschiedlicher Nationalitäten.

Informations- und Diskussionsveranstaltungen zum Asylrecht, zu bestimmten Fragen des Ausländerrechts u.a.

1987
Der Rechtshilfefonds gründet mit anderen Vereinen und Einzelpersonen die Initiative gegen Familientrennung. Anlass ist eine Neuregelung, die vorschreibt, dass Migrant/innen, die in ihrem Heimatland geheiratet haben, ihre EhegattInnen erst nach einer Ehebestandszeit von drei Jahren in die Bundesrepublik nachkommen lassen können.

Die Initiative gegen Familientrennung organisiert eine große bayernweite Demonstration gegen den Erlass. Die Regelung, die nur in Bayern und Baden-Württemberg angewendet wird, wird im November 1987 vom Bundesverfassungsgericht als grundgesetzwidrig beurteilt, da sie gegen Artikel 6 verstößt, der Ehe und Familie unter besonderen Schutz stellt.

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Ein halbes Jahr zuvor war eine hochschwangere Türkin aus Bayern abgeschoben worden, da der vorgeschriebenen Ehebestandszeit noch 4 Monate (! ! !) fehlten.

1988
Am 28.07.1988 Gründung des Forum für interkulturelle Arbeit und Völkerverständigung e.V. mit dem der Rechtshilfefonds bis heute eng zusammenarbeitet.

Durch die Aufnahme des Forums in die Regelförderung des Allgemeinen Sozialdienstes kann der Verein im Januar 1990 eine Sozialpädagogin einstellen.

Der Rechtshilfefonds und das Forum für interkulturelle Arbeit ziehen in die vom Dritte Welt Zentrum e.V. angemieteten Räume in der Daiserstraße 9.

Das Zentrum wird von mehr als 20 verschiedenen Eine-Welt-Gruppen und Migrant/innen-Organisationen getragen.

Der Dritte Welt Zentrum e.V. wird neben dem Forum für interkulturelle Arbeit der wichtigste Kooperationspartner für den Rechtshilfefonds. Durch die enge Zusammenarbeit mit Vereinen von Nichtdeutschen im Zentrum steigt die Zahl der Ratsuchenden in den Sprechstunden des Rechtshilfefonds. Neue Rechtsanwältinnen und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen können für die Arbeit geworben werden.

1990 / 1991
Das Ausländergesetz wird geändert. Der Rechtshilfefonds gibt das Buch Mensch und Gesetz, das neue Ausländerrecht 1990 – Kommentierung für die Beratungspraxis heraus.

Ziel ist es, mit diesem Buch einen auch für Nichtjurist/innen verständlichen Leitfaden durch das neue Ausländergesetz zu erarbeiten. Migrant/innen sollen sich mit diesem Buch in einfacheren juristischen Fragen selbst helfen können; außerdem ist es als Arbeitshilfe für Mitarbeiter/innen in Initiativen gedacht, die Migrant/innen beraten.

1992
Aufgrund des Krieges im ehemaligen Jugoslawien kommen viele jugoslawische Flüchtlinge auch nach München.

Der Rechtshilfefonds erarbeitet in Zusammenarbeit mit anderen Initiativen Informationsblätter für Flüchtlinge und deren Angehörige in München. Die Blätter geben Auskunft über die Bedingungen, unter denen Freund/innen und Verwandte nach München einreisen dürfen, welche Rechte sie hier haben und welche sozialen Leistungen ihnen zustehen.

Nach der Gründung der Initiative Hilfe für Flüchtlingsfamilien aus dem ehemaligen Jugoslawien geht die beratende und betreuende Arbeit mehr und mehr an die Initiative über.

1993 / 1994
In Zusammenarbeit mit dem Forum für interkulturelle Arbeit richtet der Rechtshilfefonds eine Schreibberatung für Migrant/innen ein. Zu festen Zeiten sollen Migrant/innen die Möglichkeit haben, mit der Hilfe eines/r Mitarbeiterin des Vereins Formulare auszufüllen, Briefe u.a. zu schreiben.

Die regelmäßigen Termine für die Schreibberatung werden nach einem Jahr wieder aufgegeben. Das Angebot gibt es aber nach wie vor zu den regulären Arbeitszeiten der Angestellten des Vereins.

1994
Ab 1994 finden regelmäßig Offene Stammtische in Zusammenarbeit mit dem Forum für interkulturelle Arbeit und Völkerverständigung e.V. statt. Diese Stammtische, die ursprünglich als Fortbildungsabende für Mitarbeiter/innen der beiden Vereine gedacht sind, werden bald zu kleineren öffentlichen Veranstaltungen zu aktuellen Themen oder zum Kennenlernen bestimmter Einrichtungen ausgeweitet. lnformationsabende, Seminare und Fortbildungen zu aktuellen ausländer- und asylrechtlichen Fragen für Mitarbeiter/innen des Vereins, anderer Einrichtungen und interessierte Einzelpersonen.

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1996
Erstellung und Herausgabe der Broschüre First Steps,  ein Leitfaden für Flüchtlinge und Asylbewerber/innen in München. Dieser Leitfaden wird mit finanzieller Unterstützung des Münchner Flüchtlingsamtes ins Bosnische, Englische und Französische übersetzt und für einen geringen Preis an Beratungsstellen und an Flüchtlinge, die sich selber helfen wollen/können, abgegeben.

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1997
15 Jahre Rechtshilfefonds ! ! !
Wir feiern mit guter Musik, Kabarett, gutem Essen,viel Bier und dem damals noch kaum bekannten Django Asül als Gast.

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Die Bedingungen der Übernahme einer Verpflichtungserklärung für Personen, die Verwandte oder Freund/innen aus Nicht-EU-Ländern einladen wollen, werden verschärft. Der Rechtshilfefonds gibt eine Broschüre Neuerungen bei der Verpflichtungserklärung für Touristen: der Gäste-Erlass heraus. Zusätzlich wird ein Informationspapier zur Verpflichtungserklärung für ausländische Studierende erarbeitet.

Die Zahl der Ratsuchenden, die die Sprechstunden des Vereins aufsuchen, liegt inzwischen bei 18 – 20 Personen an jedem Dienstag Abend. An diesen Abenden stehen regelmäßig zwei Rechtsanwält/innen für die Beratung zur Verfügung. Außerdem regeln drei ehrenamtliche Mitarbeiter/innen die Anmeldungen und die Vorbesprechungen zur Sprechstunde, schreiben Protokolle und sind Ansprechpartner/innen für weitere Fragen und Hilfestellungen nach dem Beratungsgespräch.

Der Name Rechtshilfefonds wird in Rechtshilfe für AusländerInnen München e.V. geändert.

1999 / 2000
Ein Arbeitskreis der Rechtshilfe erarbeitet auf Anfrage des Ausländerbeirates und der ehemaligen Ausländer/innen-Beauftragten Chong-Sook Kang ein Konzept für ein Antidiskriminierungsbüro in München. Das Büro könnte im zukünftigen EineWeltHaus angesiedelt werden und in Kooperation mit der Beratung der Rechtshilfe laufen.

Leider scheitert dieses wirklich gute, sinnvolle und seit langem überfällige Projekt an der Finanzierungsfrage.
Die Verantwortlichen sehen einerseits keinen Bedarf für diese Stelle, zum anderen gibt es kein Geld. (Seit 2004 existiert eine Antidiskriminierungsstelle. Sie ist dem Ausländerbeirat angegliedert).

2001
Das Büro der Rechtshilfe zieht aus dem ehemaligen Dritte Welt Café in der Daiserstraße mit vielen anderen Gruppen zusammen ins EineWeltHaus in der Schwanthalerstraße.

2002
Die Rechtshilfe besteht seit 20 Jahren. Wir schaffen es alle, diesen Termin zu verschlafen und feiern erst im Jahr …

2003
das 21jährige Bestehen der Rechtshilfe und das 15jährige Bestehen vom Interkulturellen Forum.

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2004
Aktualisierung der First Steps – Leitfaden für Flüchtlinge und Asylbewerber in München.

2005
Im Januar tritt das neue Zuwanderungsgesetz in Kraft. Die Rechtshilfe organisiert in Zusammenarbeit mit dem Interkulturellen Forum bzw. mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband
4 Seminare zu diesem Thema.

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2007
Am 21.4.2007 feiert die Rechtshilfe ihr 25-jähriges Jubiläum. Gastredner ist Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung. Siehe Fotos 25-Jahres-Feier.

SZ-Artikel zum 25-jährigen Jubiläum hier

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2009
Die Rechtshilfe für Ausländer/iinen München e.V. wird nach fast 28-jähriger Arbeit für den Förderpreis „Münchner Lichtblicke 2009“ in der Kategorie Einrichtungen nominiert.

2010
Am 8.2.2010 wird den Mitarbeiter/innen der Rechtshilfe bei einer Feier im Alten Rathaus der Förderpreis „Münchner Lichtblicke 2009“ in der Kategorie Einrichtungen überreicht.

Seit dem Jahr 2000 vergeben die Stadt München, der Ausländerbeirat und die Lichterkette e.V. diesen Preis. Mit ihm werden Initiativen, Projekte, Einzelpersonen und Schulen ausgezeichnet, die sich Fremdenfeindlichkeit und Rassismus entgegen stellen und sich in vorbildlicher Weise, für ein friedliches Miteinander, Toleranz und kulturelle Vielfalt einsetzen.

In der Jurybegründung heißt es: „Seit 27 Jahren finden Menschen mit Migrationshintergrund bei der Rechtshilfe eine Anlaufstelle zur Beantwortung ihrer individuellen asyl- und ausländerrechtlichen Fragen. Die Rechtshilfe hat sich als zuverlässiger Ort etabliert, wohin man diese Ratsuchenden, sehr oft mittellose Personen, vermitteln kann. Bei Bedarf werden die Hilfesuchenden auch in Gefängnissen aufgesucht. Der langjährige Erfolg der Rechtshilfe hat nicht zuletzt mit der juristischen Kompetenz und mit dem großen Engagement der Rechtsanwält/innen und den vielen weiteren Ehrenamtlichen im Verein zu tun.“

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2014

Die Zahl der Menschen, die am Dienstag-Abend die Beratung der Rechtshilfe aufsuchen, steigt in diesem Jahr enorm. Waren es in den Jahren 2012 und 2013 606 bzw. 647 Personen, so sind es im Jahr 2014 838 Ratsuchende.
Auch die Zahl der durch die so genannte Drittstaaten-Regelung Betroffenen nimmt zu. Für viele Menschen bleibt in dieser auswegslosen Situation „nur“ ein Kirchenasyl.
Erfreulicherweise sind viele Kirchengemeinden in München und ganz Bayern bereit, Menschen ins Kirchenasyl aufzunehmen.
Die Hauptherkunftsländer der Menschen, die unsere Beratung aufsuchen sind Afghanistan, Irak, Syrien, Nigeria und Senegal.

2015

Die Zahl der Ratsuchenden steigt auf 976 Personen. Der Krieg in Syrien, die vielen Flüchtlinge, die seit Sommer 2015 in München und Bayern ankommen und die darauf erfolgte Verschärfung des Asylrechts im Oktober 2015 haben natürlich Auswirkungen auf die Beratung der Rechtshilfe.
Die Rechtshilfe wird Genossenschaftsmitglied im Bellevue di Monaco.

2016

1.265 Menschen suchen in diesem Jahr die Beratung der Rechtshilfe auf. 708 Pesonen haben von ihnen haben Fragen zu  ihrem Asylantrag bzw. ihrer Ablehnung.
Um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in der Asylberatung tätig sind zu schulen, veranstaltet die Rechtshilfe zwei Halbtageseminare zum aktuellen Asylrecht.

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2017 – 35 Jahre Rechtshilfe!

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Am 31.3.1982 wurde der Verein (damals) Rechtshilfefonds für Ausländer München e.V. gegründet. Manche unserer Anwälte sind tatsächlich schon seit der Gründung dabei.
Viele neue Anwältinnen und Anwälte und weitere Ehrenamtliche sind im Laufe der Jahre dazu gekommen. Vielen Dank an euch alle!
Wer von uns hätte im Gründungsjahr daran gedacht, dass es uns heute noch gibt? Damals hatten wir gehofft, dass sich die Situation für in Deutschland lebende Menschen mit Migrationsgeschichte bessert, und somit die Arbeit unseres Vereins irgendwann überflüssig wird. Das hat leider nicht so ganz geklappt. Aber wir geben nicht auf und kämpfen auch noch in den nächsten 35 Jahren für die politische und gesellschaftliche Gleichstellung aller Menschen, die hier leben.
Siehe auch   http://www.rechtshilfe-muenchen.de/hinter-den-kulissen/

2018

Seit  Juni 2018 bietet ein syrischer Rechtsanwalt im Rahmen der Rechtshilfe eine Sozialberatung in arabischer Sprache an.
Sie ist für alle Personen gedacht, die arabisch sprechen, ganz gleich aus welchem Land sie kommen oder ob es sich um Geflüchtete oder Personen mit einem anderen aufenthaltsrechtlichen Hintergrund handelt.

2019

Die Vorstände der Rechtshilfe und des Interkulturellen Forums beginnen mit der Suche nach einem*r Nachfolger*in für ihrer Mitarbeiterin.
Im Juli feiern wir ein letztes gemeinsames Sommerfest mit allen Unterstützerinnen und
Unterstützern des Vereins.

April 2020

Die langjährige Mitarbeiterin und Mitgründerin des Vereins Anna Regina Mackowiak
verabschiedet sich aus dem Berufsleben.
Ihr Nachfolger ist der Sozialpädagoge Levent Askar, der zuvor viele Jahre in der
IG – InitiativGruppe e.V. gearbeitet hat.

Im August wird der Verein laut Beschluss der Mitgliederversammlung umbenannt in
Rechtshilfe München e.V..

 April 2020 – Dezember 2021

Wegen der Corona-Pandemie können wir zum ersten Mal seit Gründung der Rechtshilfe
keine Präsensberatung anbieten. Die Beratung erfolgt zeitweise nur noch telefonisch nach
vorheriger Anmeldung und Absprache.

Februar 2022

Durch das Kriegsbeginn in Ukraine, steigt die Anzahl der Geflüchteten aus Ukraine. Durch die große Anzahl von Anfragen von Geflüchteten aus der Ukraine gründet die Rechtshilfe eine Beratungsstelle in ukrainisch und russisch.